Hitzesommer und extremer Borkenkäferbefall: existenzieller Bedrohung der Waldbauern im Frankenwald eilig entgegensteuern
Durch die außergewöhnlich hohe Trockenheit der vergangenen Sommer konnte sich der Borkenkäfer dramatisch ausbreiten und bedroht die wirtschaftliche Existenz vieler Waldbauern im Frankenwald. Die Freien Wähler vom Ortsverband Teuschnitz und vom Kreisverband Kronach haben sich bei Betroffenen vor Ort ein Bild von der derzeitigen dramatischen Situation des Waldes und der Waldbauern gemacht. Aus Sicht der Freien Wähler muss nun dringend politisch gehandelt werden.
„Aufgrund der außergewöhnlichen Lage und in Anbetracht der klimatischen Zukunftsperspektive haben wir einen umfassenden Forderungskatalog entwickelt“, so Freie Wähler- Ortsvorsitzender von Teuschnitz und Stadtratsmitglied Michael Hebentanz. Dabei stehen als „Leuchtturmprojekte“ die Sofortmaßnahmen zur Käferbekämpfung und der anstehende Waldumbau im Fokus. Noch einmal bekräftigen die Waldbauern Ihren Wunsch nach höherer finanzieller Hilfe.
Unterstützung für Ihr Anliegen bekommen die Waldbauern auch aus dem Landtag: MdL Rainer Ludwig von den Freien Wählern will sich bei der Landesregierung für die hiesige Forstwirtschaft stark machen. „Ich nehme die Sorgen und Nöte der Betroffenen ernst und habe bereits alle tangierenden Ministerien (für Wirtschaft, Umwelt und Landwirtschaft) angeschrieben und werde in Kürze noch persönliche Gespräche führen, um eine schnelle und unbürokratische Lösung für unsere Waldbauern anzustreben“, so MdL Rainer Ludwig.
„Ich unterstütze damit auch die Initiative der Landräte Klaus Löffler (KC) und Klaus Peter Söllner (KU), die sich mit einem 8 Punkte Programm an Ministerpräsident Markus Söder gewandt haben.“
„Wälder speichern CO2, reinigen die Luft, sind wichtig für unser Grundwasser und Lebensraum für zahlreiche Tierarten – von der Biene bis zum Reh. Der Wald hat herausragende Bedeutung für den Klima- und Artenschutz! Der Schutz des Waldes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und kann nicht allein den privaten Waldbauern aufgebürdet werden“, sind sich Ludwig und Hebentanz einig.
Deshalb fordern die Freien Wähler Teuschnitz auch ein ‚Kulturlandschafts-Programm‘ für den Wald. Ein solches Programm existiert in Bayern bereits seit 1988 für die Landwirtschaft. Bauern erhalten Ausgleichszahlungen für umweltschonende Bewirtschaftungsmaßnahmen. Diese müsse auch für Waldbesitzer zur Erhaltung stabiler Wälder als CO2 Speicher gelten.
Neben der aktuellen Krise muss der Frankenwald langfristig in einen klimatoleranten Wald umgebaut werden – dies ist die grundsätzliche Kernausrichtung im Sinne eines nachhaltigen Masterplanes für die Zukunft. Für MdL Rainer Ludwig sind dabei die Eckpunkte im Ziel-Dreieck „SCHUTZ – PFLEGE und NUTZEN des Waldes“ ausgewogen in Einklang zu bringen.
Freie Wähler- Ortsverband Teuschnitz und MdL Rainer Ludwig fordern gemeinsam:
- Anstehender Waldumbau durch eine Art „Wald-KuLaP“
Es steht außer Frage, dass der jetzige Wald (im Frankenwald noch von Fichtenmonokultur geprägt) umgebaut werden muss. Dieser Umbau ist in Anbetracht der Klimaschutzrelevanz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und kann nicht den privaten Waldbauern aufgebürdet werden. Um trotz Waldumbau Erträge zu haben, wäre eine Art „Kulturlandschafts-Programm“ für den Wald als Pflege-Entgelt wünschenswert, weil sich diese Förderung für den Bereich der Landwirtschaft bewährt hat.
- Sofortmaßnahmen zur Käferbekämpfung
In Thüringen werden derzeit die sog. „Todes-Dreiecke“ ausgebracht, eine intensive Käferbekämpfungsvariante. Dies wäre als Sofortmaßnahme auch für den Frankenwald wünschenswert – nach Möglichkeit staatlich gefördert. Zudem herrscht derzeit bei den üblichen Spritzmitteln Knappheit, die zudem erhebliche Kosten verursachen.
- Holzpreis-Aufstockung
Durch die momentane Extremsituation ist der Holzmarkt derartig angespannt, dass beim Holzverkauf selbst die Aufwendungen für Holzrücker usw. nicht mehr hereingeholt werden können. Weil durch den Käfer derzeit auch Altbestände mit bis zu 150 Jahre alten Hölzern vernichtet werden, die über Generationen als „Sparkasse“ des jeweiligen Holzbetriebes angesehen wurden, werden hierdurch momentan ganze Waldbauern-Existenzen vernichtet. Ein Betrieb mit ca. 150 ha hat in den Jahren 2018/2019 allein ca. 30.000 EUR Wertverlust aufgrund des dramatischen Werteinbruches. Insoweit wäre eine Art staatlicher Mindest-Holzpreis (analog zum Mindestlohn) oder eine staatliche Aufstockung des Holzpreises wünschenswert. Insgesamt ist anzumerken, dass die Holzpreise in den letzten 30 Jahren kaum gestiegen sind, die relevanten Betriebsausgaben hingegen schon. Unverständlich ist auch, dass z.B. Holzpaletten aus Osteuropa (z.B. Litauen) trotz enormer Transportkosten immer noch billiger sind als nachhaltig hergestellte aus heimischen Frankenwaldholz.
- Wiederaufforstungs-Förderung / Wildschäden
Die bisherige staatliche Förderung bei Wiederaufforstung ist viel zu gering, als dass dies noch lohnen würde, zumal aufgrund der dramatischen Situation derzeit auch das Generationen-Prinzip wegzufallen droht. Auch nehmen die Verbiss-Schäden zweifelsfrei zu, so dass die Aufforstung auch aufgrund des inzwischen immer erforderlichen Zaunbaus unwirtschaftlich wird. Evtl. könnte zumindest der Zaun staatlich gefördert werden.
- Steuererlass
In Anbetracht der dramatischen Situation und zur Förderung des Klimas sollte ein Erlass oder zumindest eine Senkung der Grundsteuer und der Kirchensteuer geprüft werden. Steuerrechtlich problematisch ist auch, dass ein Waldbauernbetrieb derzeit finanztechnisch keine Rückstellungen bilden kann.
- Vereinfachungen in der Berufsgenossenschaft
Ein landwirtschaftlicher Betrieb bekommt bei einem verletzten Landwirt im Regelfall einen Betriebshelfer, was auch für forstwirtschaftliche Betriebe wünschenswert wäre, aber in der Praxis kaum der Fall ist. Die Fristen der Berufsgenossenschaft bei Unfällen sind viel zu kurzfristig und insoweit praxisfern. Ungerecht ist auch, dass die Gebühren aufgrund gestiegener Unfallzahlen heraufgesetzt wurden, die Unfallzahlen aber nicht durch private Waldbauern gestiegen sind, sondern aufgrund zunehmender Lohnarbeiter. Wir schlagen deshalb eine Senkung oder einen staatlicher Zuschuss bei den Gebühren der Berufsgenossenschaft vor.
- Brandschutz / Wasserversorgung Wald
Bei der Trockenheit 2018/19 kann ein Waldbrand in Kürze großflächig um sich greifen, weil Teiche für Feuerschutz im Außenbereich nahezu komplett fehlen (dies ist in Thüringen anders). Auch werden die Bäume nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgt. Wir bitten, im Rahmen von Machbarkeitsstudien zu prüfen, wie Abhilfe geschaffen werden kann.
Wir fordern die Bayerische Staatsregierung und auch die Bundesregierung auf, mit schnellen finanziellen Sofort-Förderprogrammen den Kampf gegen die massiven Waldschäden zu unterstützen und konkret die Waldbauern nicht im „Regen“ stehen zu lassen. Aktuelle Förderprogramme gilt es der aktuell sich täglich dramatisch zuspitzenden Situation anzupassen und bedarfsgerecht zu erweitern.
Mit rund tausend Quadratkilometern Ausdehnung ist der Frankenwald größer als Berlin und besteht derzeit zu knapp 80 Prozent aus Fichtenbäumen. 60 Prozent der Waldfläche gehören rund 3.000 privaten Waldbesitzern. 2017 wurde der Frankenwald vom Bund deutscher Förster (BDF) zum Wald des Jahres gekürt.